I. Einstieg: markanter Westbau als "sächsischer Westriegel"
Die gotische Marktkirche St.Johannis zu Göttingen fällt auf in erster Linie durch ihren monströsen, eigentlich sehr ungotischen Westbau, mit seinen über drei Meter dicken Außenmauern aus unverputztem, beigefarbenem Kalkbruchstein. Es handelt sich dabei um den Unterbau für die beiden Türme der Kirche und das zwischen sie gestellte Glockenhaus. Ein archaisch wirkendes, riesenhaftes, hochkant gestelltes Quader mit breiter, nach Westen gerichteter Front, von nur relativ geringer Tiefe, dafür aber eindrucksvoller Höhe. In seiner massigen und fast unstrukturierten, beinahe wehrhaft geschlossen anmutenden Gestalt steht dieser Westbau in der Tradition der sog. Sächsischen Westriegel des 12. Jahrhunderts. Während diese aber in ihrer Frühphase als allseits geschlossene Turmhallen gebaut wurden, abgeschlossen also auch gegenüber dem Langhaus der Kirche, ist der Westbau von St.Johannis fortschrittlicher, weil gegen das Langhaus offen. Von rechteckiger Grundfläche (Länge = ca. doppelte Breite) steht er zum Langhaus queroblong, d.h. zeigt ihm eine Längsseite. Diese östliche Längsseite des Westbaus ist also offen, die Last des Überbaus wird hier nur von zwei achteckigen Pfeilern getragen. Sie stehen in Fortsetzung der Reihe der übrigen, ebenfalls achteckigen Langhauspfeiler der dreischiffigen Kirche, sind aber naturgemäß wesentlich dicker als diese. Während die Langhauspfeiler nur etwas mehr als einen Meter stark sind, bringen es die Pfeiler des Turmunterbaus auf zweieinhalb Meter Durchmesser. Die Turmpfeiler wirken also, vom Langhaus aus betrachtet, im Vergleich ausgesprochen schwerfällig.
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